Vor 520 Jahren:
Ausbau des Welfen-
schlosses durch Her-
zog Erich I.
Kurzer geschichtlicher
Überblick:
Ursprung und Alter des Schlosses
sind nicht bekannt. Ein burgarti-
ger, mittelalterlicher Vorläufer darf
aber als sicher vorausgesetzt wer-
den. Der Inschrift am Eingang zum
gotischen Treppenturm in der
Nordostecke des Schossplatzes
lässt sich entnehmen, dass Herzog
Erich der Ältere ab 1501 den nord-
östlichen Teil des Schlosses umge-
baut oder sogar neu aufgebaut
hat. Nach einem Brand am 17. März 1560 begann Herzog Erich der Jüngere mit dem Wiederauf-
bau. Bis 1584 entstand der weitgehend noch heute erhaltene Bau in den die älteren, nordöstlich
gelegenen Teile integriert wurden. Schwere Verwüstungen im 30jährigen Krieg, insbesondere am
30. Mai 1626, dem Tage der Einnahme der Stadt durch Tilly, machten das Schloss zur Hofhaltung
unbrauchbar. König Georg II. von England, zugleich Kurfürst von Hannover, befahl anlässlich eines
Besuches im Jahr 1729, das Anwesen in eine Kaserne umzubauen. Sie konnte nach fünfeinhalb-
jähriger Bauzeit 1741 bezogen werden. 1757 wurde die Anlage durch französische Truppen
neuerlich verwüstet und als Kaserne unbrauchbar gemacht. Von 1776 bis in die Mitte des 19. Jh.
diente das Schloss als Kornmagazin und Speicher. Der Südflügel brannte 1849 ab und wurde nicht
mehr aufgebaut. Der Ostflügel wurde für die Aufnahme des Amtsgerichts hergerichtet, das 1861
dort einzog und bis heute seinen Sitz hat. Andere Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung nutz-
ten das Schloss bis in die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg. Anfang der achtziger Jahre erfolgte ein
weitreichender Ausbau zum Kulturzentrum der Stadt Münden.
Objektbeschreibung:
Das Schloss war ursprünglich wohl als nach Süden offene Drei-Flügel-Anlage konzi-
piert. Es kann als frühes Beispiel der sog. Weserrenaissance betrachtet werden.
Entsprechend reich ist die Ausgestaltung der Giebel, insbesondere am Werraflügel,
mit konkaven und konvexen volutenartigen Gebilden. Ost- und Werraflügel sind
zudem mit Zwerchgiebeln in den Dächern versehen. Bemerkenswert ist das quasi als
Stumpf eines nicht vollendeten Flügels erscheinende Treppenhaus, das statt des
anderweitig durchweg noch bevorzugten runden Treppenturms angelegt wurde. Zwei
Räume der Nordost-Ecke des Schlosses, das Gemach zum Weißen Ross und das
Römergemach wurden nach dem Brand von 1561 wahrscheinlich von niederländi-
schen Malern ausgeschmückt. Die Wandmalereien zeigen eine Scheinarchitektur mit
vorgetäuschten Wandnischen, in denen sich ebenfalls vorgetäuschte Standbilder von
alttestamentarischen und antiken Helden und Heldinnen befinden. Weitere Reste der
ursprünglich reichen Ausmalung befinden sich im Schiffgemach am Ende des Wer-
raflügels im zweiten Obergeschoss. Dargestellt ist die Seeschlacht von Lepanto (1571).
Restaurierung:
Die Restaurierung der Renaissance-Gemächer begann 1960 und wurde 1986 abge-
schlossen.
Anfang der siebziger Jahre begann das Land mit der abschnittsweisen Herrichtung
der abgängigen Putzfassade einschließlich der Renaissance-Orna-mente sowie der
Sanierung der in Schiefer gedeckten Dachflächen.
Aufgrund ihres Erhaltungszustandes besonders bedeutend sind zwei übereinander-
gelegene Zimmer an der Nordostecke des Schlosses: Das sogenannte Gemach zum
Weißen Ross und das so genannte Römergemach.
Die Ausmalung dieser Gemächer ist in der Zeit für die Region einzigartig. Sie stellt
zudem zwei der bedeutendsten erhaltenen profanen Gemäldezyklen Deutschlands
aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts dar.
(Quellen: Welfenschloss Münden, 1987, Petzold, D. v.; Dülfer, H.-H., Kromschröder, H.)